390--Die Frage nach der Blödheit gibt Antworten
Das schöne an der Seite www.502.org
ist nicht nur ihre Adresse nach der recht seltenen Fehlermeldung “502 Bad
Request”, sondern auch, daß sie zunächst so aussieht, als ob hier jemand
nun gar nichts verstanden hätte. Kein einziger Link hilft dem klickbereiten
User weiter, und wenn er versucht, die dennoch angegebenen Adressen zu markieren,
rutscht der Bildrahmen parallel zum Mauszug über den Monitor, um beim Loslassen
wieder an seinen alten Platz zurückzuflutschen. Wer sehen will, was auf 502
liegt, der muß im Adreßfeld des Browsers tippen. Und wer sich vertippt, der
landet auf einem Werk von jodi.org, den subtilen Förderern des epileptischen
Rezepierens.
Sieht man den Oberflächengehalt von 502 nun im Zusammenhang mit www.antworten.de,
jenem Server, der einen nie bedient und immer mit den Nummern schummelt,
wird man von dem Gefühl beschlichen, das Warten könnte in einem größeren
Zusammenhang stehen. Antworten.de scheint bei der Zahl 502 angekommen zu
sein und seinen Service nun endlich aufzunehmen. Und auch das noch unter
Netscape 1.1. laufende Frühwerk “unendlich, fast...”, jene endlose blaue Fläche, die auf dem documenta-Server lag, erschließt ihren Sinn nunmehr deutlicher.
Alle Werke spielen als erstes mit der Ebene, die aus der sofort auftauchenden
Frage nach der Blödheit besteht: bin ich nun blöd oder derjenige, der dieses
aufs Netz gelegt hat? Die zweite Ebene ist die des Raumes, “unendlich, fast...”
scrollte durch den Raum wie auf einer riesigen Platte, die aus den Seiten
der Monitorscheibe hinauswuchs. Antworten.de dagegen ist ein durch die Musik
erzeugter Warteraum, von dem aus man nie in den nächsten Raum gelangt. Hier
kommt auch die dritte Ebene, die der Zeit, hinein. Antworten.de vergeudet
Zeit, am Monitor und in den Leitungen. Unendlich, fast... braucht Zeit, das
Suchen dauert, erst recht, wenn man weiß, daß es tatsächlich irgendwo etwas
zu finden gibt. Und die Oberfläche von 502 verweigert sich dem schnellen
Klick und zwingt zum die Sekunden raubenden Tippen.
So entpuppen sich die Fragen nach der Blödheit in Wirklichkeit als
Untersuchungen der strukturellen Gestaltung des allseits gerühmten Informationsmehrwertes
in den weiten Räumen und Zeiten des Internets. Die Informationen - egal ob
es eine große, eine kleine, oder keine, die doch eine ist - werden nicht
nachgeschmissen, sondern als etwas Wertvolles aufbereitet, das nur erhält,
wer auch das Bewußtsein dafür besitzt. Und das sind noch nicht so viele.
Christoph Blase |
Falls Sie benachrichtigt werden wollen, wenn auf dieser Seite
Kommentare erscheinen, tragen Sie bitte hier Ihre Email-Adresse ein:
Möchten Sie diese Blitz Review kommentieren?
Zurück zum Inhaltsverzeichnis